14. September 2018

Die Kernfrage

Der Bun­des­vor­stand der AfD ver­sucht, die dro­hen­de Über­wa­chung durch den Ver­fas­sungs­schutz mit­hil­fe eines Son­der­er­mitt­lers gegen die eige­ne Par­tei abzu­wen­den. (http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/interner-sonderermittler-soll-afd-pruefen-15784672.htm).  Ein sol­cher Ver­such ist nicht per se zu ver­ur­tei­len, darf aber nicht von der fal­schen Vor­aus­set­zung aus­ge­hen, daß wir eine Beob­ach­tung durch den Ver­fas­sungs­schutz abwen­den kön­nen, indem wir die­se oder jene Stra­te­gie wählen.

Mitt­ler­wei­le defi­niert das Estab­lish­ment „Ver­fas­sungs­feind­lich­keit“ so, daß wesent­li­che Tei­le des AfD-Pro­gramms „ver­fas­sungs­feind­lich“ sind. Jeder­zeit lie­ße sich eine Beob­ach­tung etwa wegen „Islam­feind­lich­keit“ begrün­den. Ein paar Äuße­run­gen von Bea­trix von Storch und das Stutt­gar­ter Pro­gramm wür­den dafür aus­rei­chen. Die Kern­fra­ge aber ist das Fest­hal­ten am deut­schen Volk. Immer wie­der taucht in Erklä­run­gen der Ver­fas­sungs­schutz­äm­ter zur Iden­ti­tä­ren Bewe­gung der Begriff „Eth­no­plu­ra­lis­mus“ auf. „Eth­no­plu­ra­lis­mus“ bezeich­net den Umstand, daß die Mensch­heit in Völ­ker geglie­dert ist, und ver­bin­det damit die Wer­tung, daß die­se Völ­ker mit ihrer je eige­nen Kul­tur erhal­tens­wert sind – eine in höchs­tem Maß ver­nünf­ti­ge, wirk­lich­keits­be­zo­ge­ne Ansicht. Nichts ande­res ist auch das Leit­mo­tiv des AfD-Pro­gramms. Von der Kri­tik an der EU und der For­de­rung nach einem Euro­pa der Vater­län­der über unse­re restrik­ti­ve Migra­ti­ons­po­li­tik bis hin zur Kri­tik an der Isla­mi­sie­rung set­zen wir uns auf allen Gebie­ten dafür ein, die eth­no­kul­tu­rel­le Ein­heit, die sich deut­sches Volk nennt, zu erhalten.

Dies wie­der­um muß vom Stand­punkt der Alt­par­tei­en aus unbe­dingt ver­hin­dert wer­den. Deutsch­land soll in einem EU-Bun­des­staat auf­ge­hen, unser Volk soll durch eine belie­big zusam­men­ge­wür­fel­te Bevöl­ke­rung ersetzt wer­den. Hier ist kei­ne Ver­mitt­lung mög­lich. Die­ser Kon­flikt läßt sich nicht auf­lö­sen. Sobald die AfD auch nur in die Nähe von so etwas wie einer rea­lis­ti­schen Chan­ce kommt, ihr Pro­gramm umzu­set­zen, wird sie mit allen Mit­teln und also auch der Beob­ach­tung durch den Ver­fas­sungs­schutz bekämpft. Die beson­de­re Iro­nie liegt dar­in, daß wir kei­ne Ord­nung und kei­ne Ver­fas­sung auf­he­ben wol­len, son­dern für den Schutz unse­rer natio­nal­staat­li­chen Ord­nung ein­tre­ten, wäh­rend der sog. Ver­fas­sungs­schutz die Abwick­lung von Staat und Nati­on mit sei­nen Maß­nah­men absi­chert. Wie dem auch sei: Eine Beob­ach­tung durch den Ver­fas­sungs­schutz ist durch uns nicht abwend­bar. Sie wird viel­mehr zwangs­läu­fig auf uns zukom­men, wenn unse­re Umfra­gen wei­ter stei­gen und wir unse­rem Pro­gramm treu blei­ben. Wir kön­nen weder wün­schen, von unse­rem Pro­gramm abzu­fal­len, noch, daß unse­re Umfra­ge­wer­te sin­ken. Wir soll­ten uns also nicht damit beschäf­ti­gen, wie wir die Beob­ach­tung durch den Ver­fas­sungs­schutz abwen­den, son­dern eher damit, wie wir mit ihr umgehen.

Da es nicht die erklär­te, son­dern eben nur die infor­mel­le Auf­ga­be des Ver­fas­sungs­schut­zes ist, beim Durch­peit­schen der glo­ba­lis­ti­schen Agen­da behilf­lich zu sein, fal­len vor­geb­li­cher Beob­ach­tungs­an­laß und wah­rer Beob­ach­tungs­grund aus­ein­an­der. Wir reagie­ren dar­auf am bes­ten, indem wir kei­ne Anläs­se zur Beob­ach­tung bie­ten, damit der wah­re und ille­gi­ti­me Beob­ach­tungs­grund, der den Ver­fas­sungs­schutz als Instru­ment der Mäch­ti­gen ent­larvt, zuta­ge tritt. Anders gesagt: Wir müs­sen durch unser Ver­hal­ten dafür sor­gen, daß sich der Ver­fas­sungs­schutz, wenn er uns beob­ach­tet, dadurch vor aller Augen selbst ins Unrecht setzt. Dazu soll­ten wir uns zuerst strikt von allen ech­ten Ver­fas­sungs­fein­den, also allen, die in Imi­ta­ti­on der NSDAP-Herr­schaft eine natio­na­lis­ti­sche Dik­ta­tur anstre­ben, tren­nen. Dar­un­ter fällt das sog. Thü­gi­da-Netz­werk, dar­un­ter fällt das selt­sa­me Gelich­ter, das sich in der soge­nann­ten und selbst­er­nann­ten Bür­ger­initia­ti­ve „Mer­se­burg-West“ zusam­men­ge­schlos­sen hat, dar­un­ter fällt ein Lars Stein­ke, der Stauf­fen­berg für einen Ver­rä­ter hält etc. etc.

Dar­über hin­aus soll­ten wir uns in Freund­schaft von Grup­pen ent­kop­peln, die zu Unrecht über­wacht wer­den. Dar­un­ter fällt die Iden­ti­tä­re Bewe­gung. Sobald die ver­gleichs­wei­se schwa­che IB, durch die Beob­ach­tung stig­ma­ti­siert, im poli­ti­schen Dis­kus als „rechts­extrem“ gilt, läßt sich von ihr aus die AfD in Angriff neh­men. Wenn wir ange­sichts die­ses Sze­na­ri­os von einer Zusam­men­ar­beit mit der IB vor­erst Abstand neh­men, erfül­len wir damit nicht das Kal­kül des Ver­fas­sungs­schut­zes, wir durch­kreu­zen es. „Pro­jekt­hy­gie­ne“ hat Götz Kubit­schek es ein­mal genannt. Wir lösen eine Ver­bin­dung, die der IB nichts nützt, uns aber schadet.

Ähn­li­ches gilt für die Patrio­ti­sche Platt­form. Die Patrio­ti­sche Platt­form wur­de unter Lucke gegrün­det, um all das, was die­ser fade Tech­no­krat unter­drü­cken und aus­gren­zen woll­ten, in der Par­tei zu hal­ten. Ein sol­ches Instru­ment aber ist heu­te nicht mehr not­wen­dig. Wozu dient sie noch, wenn wir alles, was wir in und mit der Patrio­ti­schen Platt­form tun, auch in und mit der AfD kön­nen? Inner­halb der Patrio­ti­schen Platt­form ist nicht mehr mög­lich als inner­halb der AfD. Des­halb wer­de ich bei der nächs­ten Mit­glie­der­ver­samm­lung nicht mehr für den Vor­sitz kan­di­die­ren und für die Selbst­auf­lö­sung plä­die­ren, dies frei­lich, ohne einen Mil­li­me­ter unse­rer Über­zeu­gun­gen preis­zu­ge­ben. Wir ver­lie­ren nichts, wir unter­bin­den nur, daß eini­ge in der AfD die ande­ren zum Sün­den­bock machen. Wir neh­men den Fein­den Deutsch­lands und den Fein­den der Par­tei einen Ansatzpunkt.

Hans-Tho­mas Tillschneider