7. Februar 2018

Reich an Worten, arm an Antworten – Scheindebatte ums Kifög in Bad Dürrenberg!

Für ges­tern war in Bad Dür­ren­berg eine Dis­kus­si­on mit Sozi­al­mi­nis­te­rin Grimm-Ben­ne (SPD) ange­kün­digt. Was tat­säch­lich statt­fand, war in der ers­ten Hälf­te ein Pro­se­mi­nar­vor­trag „Grund­la­gen des Kifög“, bei dem die Minis­te­rin sich von Power-Point-Folie zu Power-Point-Folie han­gel­te, um uns zu erklä­ren, daß Land, Land­kreis, Gemein­den und Eltern an der Finan­zie­rung der Kin­der­be­treu­ung betei­ligt sind. In der zwei­ten Hälf­te durf­ten Fra­gen gestellt werden.

Da ich weiß, was ich wis­sen muß, und die Aus­füh­run­gen der Minis­te­rin durch­aus ver­stan­den habe, also bei mir kei­ne Fra­gen offen waren, ich aber die Sachen etwas anders sehe, habe ich mir erlaubt, eine Stel­lung­nah­me abzu­ge­ben. Die­se lau­tet in etwa wie folgt:

Die von der Minis­te­rin geplan­ten Maß­nah­men gehen alle­samt am Kern des Pro­blems vor­bei. Kern des Pro­blems ist, daß im Moment sehr vie­le Kin­der in die Kitas drän­gen. Das wie­der­um hat meh­re­re Ursa­chen: Flücht­lings­kri­se, Kon­junk­tur (infol­ge­des­sen Berufs­tä­tig­keit der Eltern), ganz­tä­gi­ger Betreu­ungs­an­spruch der Kin­der arbeits­lo­ser Eltern und eine Poli­tik, die Voll­zeit­müt­ter dis­kri­mi­niert, und nach einem Jahr Schon­zeit am liebs­ten jede jun­ge Mut­ter wie­der in der Pro­duk­ti­on sieht.

Es wür­de schon viel zur Ent­span­nung der Lage bei­tra­gen, wenn wir den Betreu­ungs­an­spruch arbeits­lo­ser Eltern redu­zie­ren wür­den. Der Zweck der staat­li­chen Kin­der­be­treu­ung ist schließ­lich, dafür zu sor­gen, daß Fami­lie und Beruf ver­ein­bar sind, also den Eltern, die bei­de arbei­ten wol­len, tags­über die Betreu­ung der Kin­der abzu­neh­men. Wo aber kein Beruf ist, da muß auch nichts ver­ein­bart wer­den. Arbeits­lo­se Eltern kön­nen sich nach­mit­tags um ihre Kin­der küm­mern. Das ist nicht zu viel ver­langt. Von Dis­kri­mi­nie­rung kann kei­ne Rede sein, denn sie erhal­ten auch bei halb­tä­gi­gem Betreu­ungs­an­spruch immer noch eine Leis­tung, für die sie nichts bezah­len müssen.

Wei­ter­hin, so mei­ne Auf­fas­sung, müs­sen wir wie­der ech­te Wahl­frei­heit her­stel­len. Das heißt: Fami­li­en, die wäh­rend der ers­ten drei Jah­re ihre Kin­der zuhau­se betreu­en wol­len, müs­sen durch ent­spre­chen­de För­der­instru­men­ta­ri­en (Eltern­geld, Fami­li­en­geld etc.) dazu in die Lage ver­setzt wer­den. Wenn sich nur 10% der Fami­li­en, die heu­te ihre unter Drei­jäh­ri­gen fremd betreu­en las­sen, ent­schei­den wür­den, sie zuhau­se zu betreu­en, wäre das eine Ent­las­tung für die Kitas, die sogar Spiel­räu­me für Gebüh­ren­sen­kun­gen eröff­nen wür­de, ganz abge­se­hen von der Ent­las­tung des Per­so­nals und der ver­bes­ser­ten Betreu­ungs­qua­li­tät durch bes­se­re Personalschlüssel.

Frau Eisen­reich, eine Abge­ord­ne­ten der Lin­ken, erklär­te, mei­ne Mei­nun­gen sei­en frag­wür­dig und wir hät­ten heu­te schon vol­le Wahl­frei­heit. Die Minis­te­rin hat mir vor­ge­wor­fen, ich wür­de die Eltern gegen­ein­an­der aus­spie­len. Dabei argu­men­tiert sie selbst damit, daß gera­de die Kin­der arbeits­lo­ser Eltern aus ihren Fami­li­en “her­aus­ge­holt” wer­den müs­sen. Da ist doch die Fra­ge erlaubt: Wer teilt hier die Eltern in zwei Klas­sen ein?

Sehr aus­schluß­reich war die Wort­mel­dung einer erfah­re­nen Erzie­he­rin, die erklärt hat, wie anstren­gend es für die Kin­der ist, 10 Stun­den am Tag in einer Kita zuzu­brin­gen. „Das ist Arbeit für die Kin­der!“ Da brach kurz die hei­le Welt der staat­li­chen Kin­der­be­treu­ung zusam­men und das Mie­nen­spiel der Minis­te­rin ver­riet eine leich­te Verunsicherung.

Es kam aber noch bes­ser, denn wenig spä­ter mel­de­te sich eine Erzie­he­rin, die erklär­te, sie habe einen sie­ben Mona­te alten Sohn und wür­de ihn ger­ne zuhau­se betreu­en, kön­ne sich das aber nicht leis­ten (!) und sei gezwun­gen (!) zu arbei­ten. Als ich Frau Eisen­reich neben mir frag­te, ob das die Wahl­frei­heit sei, von der sie gespro­chen habe, bekam ich kei­ne Ant­wort. Und das traf auch auf den gan­zen Abend zu: Reich an Wor­ten, aber arm an Anworten.